Schladebach 1/1857, Bd. 2

Grätz, Joseph, geb. am 2. Decbr. 1760 zu Vohnburg in Baiern, wurde, wie es damals jungen Leuten, die musikalisches Talent zeigten, gewöhnlich zu geschehen pflegte, in Stiftern und Klöstern zum Sänger und Orgelspieler erzogen, hauptsächlich in der Abtei Rohr bei Abensberg. Er komponirte früh, studirte fleißig die Rechtswissenschaft auf der hohen Schule zu Ingolstadt, wo er zuerst als Organist an der Jesuitenkirche, und dann, nachdem er auch eine Zeit lang in Neuburg, wo er Rhetorik, Logik und Physik hörte, die Organistenstelle am Seminar versehen hatte, an der Moritzkirche angestellt war, und practicirte auch ein Jahr beim Landgericht in Voheburg. Hierauf ging er aber, um sich ausschließlich für die musikalische Kunst zu bilden, nach Salzburg zu Michael Haydn, und ward endlich noch von einem reichen Gönner zu Bertoni nach Venedig geschickt, um sich durch dessen gründlichen Unterricht vollkommen auszubilden. Von Venedig aus besuchte er noch Padua, Verona, Vicenza und andere Städte Italiens, und kam 1788 dann nach München, das er nie wieder verließ, bis er endlich, auf einem Spaziergange vom Schlage getroffen, am 17. Juli 1826 daselbst starb. Er bekleidete nie ein Amt, sondern hatte nur den Titel eines Hofklaviermeisters, was ihm aber gar keine Obliegenheiten auferlegte, so daß er niemals weder bei Hofe noch in irgend einem Konzerte öffentlich ein Klavier anrührte. Als Komponist war er trocken und erfindungslos, sie seine Messen und andern Kirchenstücke und die Operette „Das Gespenst mit der Trommel“ (die auch durchfiel) beweisen; aber als Theoretiker und Kompositionslehrer wurde er ausnehmend geschätzt, und Karl Cannabich, Lauska, Hoffmann, Ladurner, Ett, Moralt, Lindpaintner und viele Andere, schon zu Künstlern gereift, schlossen sich an ihn an und nahmen noch bei ihm Unterricht.